Identitäres „Volksfest” … mit Mangel an Volk
Kurzbericht mit Bildern (27.08.2018) (Pfeile – z. B. [→ 123] – verweisen auf die Seitenzahl im Buch: „Identitäre im Kontext von Neuen Rechten und AfD”)
„Europa Nostra – Identität und Heimat bewahren” lautete das Motto der Identitären Bewegung, die am Sonntag, den 25. August 2018 auf der eingezäunten Dresdener Cockerwiese eine Art „Heimatkirmes” veranstalteten. Von den angemeldeten 600 Teilnehmern hatten sich nur etwa 300 eingefunden – und von diesen dürfte es sich zu mehr als einem Drittel um „Besucher”, d. h. neugierige Dresdner Bürger gehandelt haben – ein äußerst mageres Ergebnis, das schwindendes Interesse an der „Bewegung” anzuzeigen scheint (Foto 1). Die identiäre Prominenz wurde dagegen zahlreich gesichtet, u. a. Martin Sellner [→ 57 ff], Götz Kubitschek [→ 39 ff], Daniel Fiß [→ 18], Nils Altmieks [→ 17], Mario Müller [→ 39 ff], Robert Timm [118, 284], Philip Thaler und Alex(ander) „Malenki” Kleine [→ 238, Foto 10] nebst einigen Identitärinnen, u. a. Melanie Schmitz [→ 79, 81], Paula Winterfeldt [→ 128] und Aline Catinca Manescu („Moraes”) wie auch bekannten Pegida-Aktiven. Im Gelände verstreut befanden sich Infostände (u. a. zur Mittelmeeraktion [→ 350], zu Patriot Peer [→ 404] und 120 dB [→ 81] (Foto 2). Der von amerikanischen Rechten okkupierte Comicfrosch Pepe [→ 262, Foto 3) lief ohne Angst vor den Urheber-Abmahnungen seines Erfinders Matt Furie als Werbefigur und Prospekteverteiler herum [→ 404].
Mehrere Verkaufsstände standen im Dienste des Geschäftsmodells [→ 103]: Foto 2 und Fotos 4–9. Wer wollte, konnte für 2 Euro den passenden Bierdeckel für das 6 Euro teure Bierglas erwerben, das ganze in einen Beutel (3 Euro) stecken, sich einen Aufnäher (3,50 Euro) an die Jacke heften und mit Luftballons in der Hand (2,50 Euro) zum Bücherstand von Kubitscheks Antaios-Verlag [→ 44] weiterziehen.
Das Völkische wurde u. a. durch Tänze (Fotos 11 – Frauen im Altdeutsch-Look mit Kleid, Zopf und Haarknoten) [→ 244] und Volksmusik [→ 209 ff] – Foto 12 – verdeutlicht. Den größten Zuspruch fand jedoch der Grillstand, an dem sich eine lange Schlange bildete.
Journalisten wurden am Eingang aufgefordert, sich anzumelden, weil die Identitären deren Namen notieren wollten (was fast alle Medienvertreter ablehnten). Als identitäre Ordner (unter ihnen der YouTuber Alexander Malenki – Foto 10) auf Journalisten losgingen, handgreiflich wurden und sie nötigten, ihre Arbeit abzubrechen, mußte die Polizei eingreifen. Gegen einige Identitäre wurden Ermittlungen wegen Nötigung und Verstoßes gegen das Versammlungsrecht (Tragen verfasssungswidriger Kennzeichen, Besitz von Tierabwehrspray) eingeleitet. Für Ruhe und Sicherheit sorgten rund 500 Polizisten (Fotos 13, Foto 14).
Zur Gegendemonstration vor Ort hatten Vertreter der Parteien Grüne und Linke aufgerufen. Etwa 200 Teilnehmer versammelten sich am Nachmittag gegenüber der Cockerwiese, wo sie durch Zaun und starke Polizeieinheiten vom Festplatz getrennt gehalten wurden (Foto 15). Außer einem lautstarken Aufeinandertreffen mit einigen Identitären, die sich mit Bier versorgten, kam es zu keinen nennenswerten Zwischenfällen. Gegen 17 Uhr zogen die Gegendemonstranten in Richtung Innenstadt (Fotos 16–18).
Weitere Gegenveranstaltungen gab es in der Dresdner Innenstadt, wo mit verschiedenen Musikveranstaltungen und Bürgersingen ein Zeichen „gegen Rechts” gesetzt wurde. Am Hauptbahnhof und dem nahe der Cockerwiese gelegenen Hygiene-Museum – wo die „Rassismus”-Ausstellung und am Nachmittag zeitgleich die jährliche Demokratie-Konferenz stattfand – hingen Banner mit der Aufschrift „Unsere Identität heißt Vielfalt. Dresden”
Gerhard R. Pelz (Text und Fotos)
Eingang des Hygiene-Museums in Dresden